Diejenigen, die der „Korruption auf Erden“ und der Kollaboration mit ausländischen Streitkräften beschuldigt werden, würden nicht begnadigt, berichteten staatliche Medien. Ehemalige Beamte forderten unterdessen politische Reformen.
Der oberste iranische Führer hat eine Amnestie für „Zehntausende“ Gefangene erlassen, darunter Demonstranten, die während der regierungsfeindlichen Kundgebungen festgenommen wurden, berichteten staatlich kontrollierte iranische Medien am Sonntag, während das Land mit landesweiten Protesten zu kämpfen hat, die seit September andauern.
Die Begnadigung und Strafminderung, die Berichten zufolge von Ayatollah Ali Khamenei erlassen wurde, soll jedoch Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit und Personen ausschließen, die wegen „Korruption auf Erden“ angeklagt sind, eine schwere Anklage, mit der viele der im Zusammenhang mit den Protesten Verhafteten konfrontiert sind. Angeklagte, die der „Spionage für ausländische Behörden“ angeklagt sind, oder solche, die mit „Iran-feindlichen Gruppen“ in Verbindung stehen, würden ebenfalls ausgeschlossen.
Viele der im Zusammenhang mit den Protesten Verurteilten oder Angeklagten werden beschuldigt, sie seien Staats- oder Glaubensfeinde oder beides, wobei die beiden im politischen System Irans kaum zu unterscheiden sind.
Seitdem wurden Hinrichtungen im Zusammenhang mit den Protesten durchgeführt, wobei Tausende weitere festgenommen und Hunderte Berichten zufolge während der Unruhen getötet wurden.
Parallel zur Bekanntgabe der Begnadigungen nahmen die Behörden am Sonntag eine Journalistin der reformistischen Zeitung Hammihan fest. Elnaz Mohammadi ist die Schwester von Elahe Mohammadi, einer prominenten Journalistin, die ebenfalls im vergangenen September verhaftet wurde, nachdem sie über Aminis Beerdigung berichtet hatte.
Was wissen wir über die Begnadigungen?
Khamenei, der das letzte Wort in allen staatlichen Angelegenheiten der Republik hat, genehmigte die Begnadigungen und reduzierte Strafen vor dem 44. Jahrestag der islamischen Revolution von 1979, berichteten iranische Staatsmedien.
Amensitionen, die vor dem Jahrestag der Revolution angekündigt werden, sind eine alljährliche gängige Praxis. Ihr Timing in diesem Jahr ist jedoch bedeutsam, da das eiserne Vorgehen der Islamischen Republik gegen die Bürgerunruhen bisher nicht vollständig das unterdrücken konnte, was als die größte Herausforderung für das Regime seit 1979 angesehen wird.
Die Entscheidung wurde auf der Grundlage eines Vorschlags des iranischen Justizchefs Gholamhossein Mohseni-Ejei getroffen, berichtete die staatliche iranische Nachrichtenagentur IRNA.
Staatlich kontrollierte Medien zitierten den stellvertretenden Justizchef Sadeq Rahimi mit den Worten, dass die Angeklagten, um begnadigt zu werden, „ihr Bedauern über ihre Aktivitäten zum Ausdruck bringen und sich schriftlich verpflichten müssten, diese Aktivitäten nicht zu wiederholen“.
Medienberichte machten jedoch keine Angaben darüber, wie viele der vor dem Hintergrund der Proteste Festgenommenen begnadigt oder ihre Haftstrafen reduziert werden würden.
Nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen wurden bisher etwa 20.000 Personen im Zusammenhang mit den Demonstrationen festgenommen. Die in Norwegen ansässige Iran Human Rights Group schätzt, dass rund 100 Häftlingen das Todesurteil drohen könnte, während die französische Nachrichtenagentur AFP die Zahl der bereits zum Tode Verurteilten auf 18 beziffert.
Ehemalige Beamte fordern Veränderung
Unabhängig davon forderten an diesem Wochenende zwei ehemalige Staatsbeamte politische Reformen im Land, um den Forderungen der Demonstranten nachzukommen.
Der frühere Präsident Mohammad Khatami räumte in einer Erklärung am Sonntag die „weit verbreitete Unzufriedenheit“ im Land ein und sagte, er hoffe, dass die Behörden „[ihren] Ansatz ändern und Reformen akzeptieren“ würden. Khatami führt die reformistische Bewegung im Land an.